1795 – 1875
Nun ists, daß wir ein neues
Jahr beginnen,
Ein Gnadenjahr, erfüllt mit
reichem Segen,
Den will der Herr uns vor die
Thüren legen,
Daß wir zum Heil und Leben ihn
gewinnen.
Es trägt sich Jeder einen
Schatz von hinnen,
Darin er soll sich laben auf
den Wegen,
Den er im Schooß des Herzens
soll sich hegen,
Darüber gern mit stillem Ernst
zu sinnen.
Wie Wasser sprudeln aus
frischen Quellen,
In heißer Sonnengluth uns zu
erquicken,
So fließen Brünnlein an der
Kirche Schwellen.
Die Gnadenjahre kommen und
vergehen,
In schnellem Flug enteilen sie
den Blicken;
Laßt, wie wir recht sie
nützen, uns zusehen!
1795 – 1875
In heilger Nacht hört man die
Engel singen
Ein Gloria mit tausend hellen
Zungen,
Das hoch sich auf zu lautem
Lob geschwungen,
Durch Erd und Himmel jauchzend
hinzudringen.
Aus Engelsmunde soll die
Botschaft klingen,
Die größte, die noch je ins
Herz gedrungen,
Noch jemals von den Lippen ist
erklungen,
Daß will der Herr sich selbst
zur Gabe bringen.
Den alten Streit mit Sünd und
Tod zu schlichten,
Will er herab von seinem Thron
sich lassen
In unser Elend, selbst uns
gleich zu werden.
Nun darf die Nacht zum hellen
Tag sich lichten,
Die Gnade will die ganze Welt
umfassen,
Und nieder senkt der Himmel
sich zur Erden.
1795 – 1875
Wie sich der Thau auf durstge
Fluren gießt,
Mit hellen Perlentropfen sie
zu tränken,
So will der Herr am Tag der
Pfingsten schenken
Den Geist, der auf die dürren
Herzen fließt.
Nun ists, daß frisches Leben
blühend sprießt,
Sich neugestaltet unser
Sinnen, Denken,
Zum ewgen Heil sich strebend
hinzulenken,
Weil uns die Kraft des
Höchsten selbst umschließt.
Nun ist der Himmel immer
aufgethan,
Des Geistes Gaben uns herab zu
senden,
Wenn flehend wir uns hin nach
oben wenden.
Und weil mit Fried und Freude
sie uns schmücken,
Im herbsten Leid mit lindem Trost
erquicken,
Geht unser Weg nun fröhlich
himmelan.
1795 – 1875
Wenn wir zurück zum vorgen
Jahre blicken,
das gleich den schnellbewegten
Windeswogen
Zum Ende hin mit Eilen ist
geflogen,
Zeigt es sich uns in wechselnden
Geschicken.
So Manches, was wir wünschten,
durft’ uns glücken,
Und hat die Stunden freundlich
uns umzogen,
Doch ward uns auch viel
Schweres zugewogen,
Das Herz mit herbem Leid uns
zu bedrücken.
Und ach, wie viel, wie viel
ist zu bereuen,
Was wir gethan, was wollten
wir versäumen!
Mit leichtem Sinn vergessen
und verträumen!
O daß sie wieder möchte sich
erneuen,
Die Gnade, die bisher in allen
Tagen
Auf ihren Flügeln huldreich
uns getragen!
1795 – 1875
Wenn von dem Thurm die hellen
Glocken läuten,
Mit süßen Klängenin die Runde
schallen,
Sieht man sie hin zum offnen
Kirchlein wallen,
Aus Nähen hier, und dort aus
fernen Weiten.
Dann, wenn des Wortes Schätze
sich ausbreiten
Den Hörern, gleichwie Thaustropfen
fallen
Vom Himmel, lauschen sie mit
Wohlgefallen
Dem Mund, der weiß sie
salbungsreich zu deuten.
Ein frommes Lied harmonisch zu
begleiten,
Hört man der Orgel Töne
schwingend beben,
Den Geist empor im lauten Chor
zu heben.
Und ist zum Schluß gespendet
noch der Segen,
Sich auf das Herz mit lindem
Hauch zu legen,
Dann ziehen heim sie, hin nach
allen Seiten.
1795 – 1875
Wenn bricht er an, der schöne
Tag des Herrn,
Da will ich stille meine Hände
falten,
Daß mag mit seinem Geist er
mich umwalten,
Der, such’ ich ihn, mir
niemals ist noch fern.
Ich senk’ mich in sein heilig
Wort so gern,
Das, wie die Dinge wechselnd
sich gestalten,
Bleibt ewig jung, nicht mit
der Zeit zu alten,
Am Himmel uns ein unbewegter
Stern.
Wie lieblich tönt der Glocken
heller Laut,
Wenn sie zum stillen
Heiligthum mich rufen,
Dort anzubeten zu Altares
Stufen!
Und hat ein einzig Wörtchen
mich erbaut,
Schon kann es mir die ganze
Woche weihen,
Daß Alles mag im Segen mir
gedeihen.
1795 – 1875
Wie dürfen sie, die schönen
Psalmenlieder,
So lieblich uns von reinen
Saiten beben,
Zu hochgesalbten Tönen sich
verweben,
Die klingen hell in unsern
Herzen wieder!
Hier legt der heilge Sänger
sinnend nieder,
Was still bewegt an Lust und
Leid das Leben,
Was beugt das Hert, was kann
es hoch erheben,
Wie jauchzt es jetzt, und ist
betrübt hinwieder.
Wie Blumen frisch im jungen
Maien blühen,
So schaut des Herzens
fröhliche Gedanjken
UIm Psalter man in hellen
Farben glühen.
Und gleichwie heiße,
Schmerzenstöne ringen
Sich aus der Brust, wenn uns
die Kniee wanken,
Hört aus den Psalmen man die
Klage dringen.
1795 – 1875
Das Leben, wie in Strahlen es
sich bricht,
In vielgestaltgen, hin nach
allen Seiten,
Es spiegelt sich in Sprüchen,
die uns spricht
Ein Königsmund in längst
vergangnen Zeiten.
Und drüber hin den goldnen
Scepter schwingt
Die Weisheit, die, weil sie
aus Gott geboren,
Uns lehrend, mahnend an die
Ohren dringt,
Zum hellen Leitstern immer uns
erkoren.
Drum seis, daß wir zu
enggeschlungnem Band
Uns liebend immer sollen ihr
verbinden,
Daß wir, geführt von ihrer
treuen Hand.
Des Herzens Ruh und Frieden
können finden.
Denn sicher läuft, darf sie am
Steuer sein,
Des Lebens Schifflein in den
Hafen ein.
1795 – 1875
Du predigst uns der Dinge
Eitelkeit,
So weit sie reichen unter
Gottes Sonne,
Denn was sich immer zum Genuß
uns beut,
Es welkt dahin, bracht’ es auch
süße Wonne.
Nur wenn die Seele sich dem
Herrn ergiebt,
An ihm mit voller, ganzer Lust
zu hangen,
Wird, weil des Lebens höchstes
Gut sie liebt,
Von ewgen Friedensarmen sie
umfangen.
Drum harre Jeder mit getrostem
Muth
Der Zeit, wo aus des Lebens
Labyrinthen
Er wird, geführt von Gottes
sichrer Hut,
Den Weg zum stillen
Friedensschooße finden.
Und gern folg’ er dem
weisheitsvollen Wort,
Das mahnend tönt durch alle
Zeiten fort.
1795 – 1875
Die Liebe preiset uns das hohe
Lied,
Die rein und keusch in hellen
Flammen glüht,
Die Liebe, die sich senket
ganz allein
In des Geliebten Grund und
Wesen ein,
Die Liebe, wo die Braut der
Bräutgam fand,
Die Braut sich eng dem
Bräutigam verband;
Und wie die Liebe Lust und
Leid gebiert,
Was sie gefunden, schmerzlich
oft verliert,
So singt der Lieder Lied uns
in das Herz
Des Findens Lust, des
Scheidens bittern Schmerz
So liegt darin verschlossen
zart und mild
Der allertreusten Liebe reines
Bild,
Und wer des Liedes tiefen Sinn
erkannt,
Hat Ohr und Herz ihm lauschend
zugewandt.
1795 – 1875
Im Geiste ward dereinst
hinausgeführt
Ezechiel in einem
Traumgebilde,
Wo sich kein Leben in den
Todten rührt,
Auf ein von Beinen starrendes
Gefilde.
Da hört er rings, so weit das
Feld sich spannt,
Ein Rauschen, wie wenn laute
Winde wehen,
Und die vom Fluch des Todes
sind gebannt,
Sieht er aus ihren Fesseln
auferstehen.
Das weite Grab, das ihre
Leiber deckt,
Muß sie aus seinem Schooße
wiedergeben;
Des Geistes Hauch hat sie vom
Schlaf erweckt,
Und gießt in Todtenbeine neues
Leben.
Noch weht der Odem, der aus
dunkler Gruft
Hervor die Todten an das Leben
ruft.
1795 – 1875
Dem Meister schaust du tief
ins Herz hinein,
Dem darfst als Jünger sitzen
du zu Füßen,
Als ihm vom Mund der Weisheit
Quellen fließen
In reichen Schätzen, gleich
Kristallen rein.
Du wahrst sie selbst dir in
des Herzens Schrein,
Dann willst du sie mit offner Hand
ausgießen,
Daß sie Jahrhunderte nach dir
genießen,
Sich labend dran in Angst und
Todespein.
Du lockst die Herzen hin zum
ewgen Licht,
Weg von der Welt lädst du sie
ein zum Leben,
Das wird bestehn, wenn auch
das Auge bricht.
Ein Adler fliegst zum Himmel
du empor,
Aufwärts den Geist in goldnem
Flug zu heben,
Wo er frohlockt nun in der
Engel Chor.
1795 – 1875
Du richtest weit hinaus den
Seherblick,
Und redest von noch tief
verschloßnen Dingen,
Sie nah dem Aug’ in Bild auf
Bild zu bringen;
Du schaust der Kirche
werdendes Geschick.
Du willst von ihrem Weh und
Siegesglück,
Von ihren Kämpfen und
Triumphen singen;
Wie jetzt sie klagt, und dann
sich hoch darf schwingen,
Das strahlet dem prophetschen Aug’
zurück.
Es liegen Siegel auf dem
heilgen Wort,
Die Keiner noch bisher uns
ganz erschlossen,
Ob auch Jahrhunderte seitdem
verflossen.
Doch Mancher trug uns wohl
schon hier und dort
Ein Licht hinein, das Dunkel
uns zu hellen,
Daß sonnen wir uns an des
Lichtes Wellen.
1795 – 1875
Der Glaube schwingt vom Staube
sich aufwärts,
Den Geist zum Licht der
Wahrheit zu erheben,
Die Liebe will uns goldne
Bande weben,
Die Hoffnung zieht uns sehnend
himmelwärts.
Das ist der Dreiklang, der
hinein ins Herz
Uns klinget, gleichwie süße
Töne beben,
Der wiederhallt hin durch das
ganze Leben
In Freud und Leid, in Lust und
herbem Schmerz.
So kling’ er denn mit Saiten,
silberrein,
Zu jedem Tag, den neu du
darfst begrüßen,
Dir hellen Lautes in das Herz
hinein.
Und wenn du drin ihn sorglich
hegst und pflegst,
Kann er noch jede Stunde dir
versüßen,
Auch wenn des Lebens schwere
Last du trägst.
1795 – 1875
St. Paulus ists, der wie im
Hymnensange
Der Liebe Lob uns wollt’
dereinst erheben
Mit hohen Worten, die voll
Geist und Leben
Ertönen hell in wunderschönem
Klange.
Wie sie, beseelt, erfüllt von
innerm Drange,
Ihr zartes Band will um die
Herzen weben,
Wie ganz sie will sich dem
Geliebten geben,
Umschließend ihn mit ihres
Armes Spange;
Wie weihet sie, wie schmückt
sie alle Gaben,
Die größten selbst, die
bringen sich zu eigen;
Wie freundlich immer, neidlos
will sie neigen
Zu Jedem sich, ihn tröstend zu
erlaben;
Wie endlich wird sie ohne Wandel
bleiben,
Sich immer gleich: will er
beredt beschreiben.
1795 – 1875
Wenn fällt der Thau gerab auf
grüne Auen,
Zum Morgengruße funkelnd sie
zu netzen,
Darf glänzend sich ein helles
Tröpflein setzen
Auf jedes Blümchen, lieblich
anzuschauen.
So auch, wenn wird das Wort
des Lebens thauen,
Kannst du zu deinem wonnigen
Ergetzen
An dem und jenem Sprüchlein
dich erletzen,
Am Kleinsten dich zu süßer
Lust erbauen.
Will dir, von Sorgen hin und
her getrieben,
Das bange Herz unruhig wogend
schlagen,
Das Leben sich mit dunkeln
Wolken trüben:
Laß dich bethauen von den
Lebensquellen,
Die darf das Wort in seinem
Schoße tragen,
Bald wird sich dir die düstre
Seele hellen.
1795 – 1875
Das Wunder ist des Glaubens
liebstes Kind:
So wollt’ vordem ein
Dichterwort uns künden,
Und manch Geheimnis wird sich
immer finden,
So lang wir noch des Glaubens
Kinder sind.
Das Wort der Wahrheit säuselt
mild und lind,
Und will sich weich um unsre
Herzen binden,
Doch seine Tiefen kannst du
nicht ergründen;
Es weht geheimnisvoll,
gleichwie der Wind.
Willst in der Wahrheit du
gefestigt stehn,
Nimm an das Wort mit allen
seinen Wundern,
Und glaube noch, auch wenn du
kannst nicht sehn.
Hier bleibt gar Vieles uns
noch unenthüllt,
Daß seine dunkeln Räthsel uns
verwundern,
Bis wird der Durst nach vollem
Licht gestillt.
1795 – 1875
Wenn Alles wird im Sturm der
Zeit verwehen,
Zum Ende hin mit eilgen Schritten
streben,
Die Welt sich selbst aus ihren
Angeln heben,
Wird eines doch unwandelbar
bestehen.
Wenn, gleichwie Blumen auf dem
Feld vergehen,
Uns welket hin, was will sich
um uns weben
Mit engem Band, das schöne,
theure Leben,
Wird eins doch über unserm
Staub noch stehen.
Wenn schwanken auf und ab uns
die Gedanken,
Gleichwie im Meer unstäte
Wasserwogen,
Bleibt eines doch uns immer
ohne Wanken.
Das Wort, es ists, das soll
beständig währen,
Das hält mit ewgen Armen uns
umzogen,
Wenn Alles wird im Wechsel
sich verzehren.
1795 – 1875
Wenn streut der Säemann seinen
Samen aus
Mit fleißger Hand in schönen
Frühlingszeiten,
Dann geht zurück er harrend in
sein Haus,
Bis wird der Same goldne
Früchte breiten.
So auch der Herr den edlen
Samen streut
Des Wortes aus mit immer
offnen Händen,
Und will auf ihn, daß fröhlich
er gedeiht,
Der Sonne Licht, den Thau und
Regen senden.
Da grünt die Saat aus weichem
Schooß hervor
Zur Frühlingszeit, und sprießt
in Sommertagen,
Geschützt von seiner sichern
Hut, empor
Zur Erndte, reife Früchte
einzutragen.
Und wirst du sie mit süßer
Lust genießen,
So laß den Mund von Lob dir
überfließen.
1795 – 1875
Wer Perlen fischet aus des
Meeres Gründen,
Muß kühn hinab sich in die
Tiefe lassen,
Vor grausem Schreck nicht
zittern noch erblassen,
Und nicht vor gähnend
aufgethanen Schlünden.
So, wer die schönste Perle
will ergründen,
Darf nicht die Zeit mit leerem
Tand verprassen,
Den Muth beschwing er, eitle
Lust zu hassen,
Und für das Höchste soll er
sich entzünden.
Wenn dann ihm glänzt der edle
Schatz entgegen,
Soll er ihn fassen mit den
Händen beiden,
Und in des Herzens Schrein
verwahrend legen.
Er hat genug, hat er die eine
funden,
Die eine Perle, still sich
dran zu weiden
In Lieb und Leid bis zu den
letzten Stunden.
1795 – 1875
Man kann es sich zur stillen
Mahnung lesen,
Daß, als der Herr auf Erden
ist erschienen,
Nicht wollt’ er sich von Andern
lassen dienen,
Ein Diener Allen ist er selbst
gewesen.
Die nun so gern auf hohem
Stuhle säßen,
Unthätig harrend mit vornehmen
Mienen,
Daß Andre für sie gleich den
Arbeitsbienen
Zutragen Honig, mühsam
aufgelesen:
Sie sollten es mit Ernst sich überlegen,
Wie schön es ist bis zu den
heutgen Tagen,
Wie ehrenreich, zu dienen gern
den Andern.
So kann man fröhlich seines
Weges wandern,
Und ist dabei manch Schweres
auch zu tragen,
Doch folgt den Tritten immer
reicher Segen
1795 – 1875
Als mit den Jüngern einst zu
Tische saß
Der Her, da wollt’ ein Weib
ihm zu den Füßen
Der Narden reines,
unverfälschtes Naß
Als fromme Dankeshuldigung
ausgießen.
Da fahren sie die Jünger
zürnend an:
Dreihundert der Denarien zu verschwenden,
Welch Unrecht, wo damit man
helfend kann
Von vielen Armen bittre Noth
abwenden!
Doch er, der Herr, mit keinem
Wort sie schilt,
Er läßt in ihrem Thun sie frei
gewähren,
Das ihr aus reinem, zartem
Herzen quillt,
Das netzet sie mit ihren stillen Zähren.
So laß das Herz dir selbst
begeistert heben,
Sollst du dem Herrn des Dankes
Opfer geben.
1795 – 1875
Wer sich vertraut des Lebens
schwanken Wogen,
Die ernste Reise vorwärts
anzutreten,
Fühlt sich empor mit starkem
Band gezogen,
Vor Gottes Thron demuthig
anzubeten.
Was ihn bewegt, was mag er
sich ersehnen,
Er spricht es aus in sieben
kurzen Bitten,
Die oft er netzt mit seinen
stillen Thränen,
Wenn Schweres er auf seinem
Weg erlitten.
Und will das Haupt gebeugt
sich niederneigen,
Der Mund ihm dann das rechte
Wort versagen,
Noch kann er, wenn die Lippen
ihm auch schweigen,
Ein Vater Unser still im
Herzen tragen.
Und der das Reich, die Kraft
hat in den Händen,
Wird huldreich sich zu seinem Flehen
wenden.
1795 – 1875
Die Kirche will ihr
enggeschlungnes Band
Um unsre Herzen schirmend
immer weben,
Und ihre linde, milde
Segenshand
Zu Trost und Schutz und
liebend immer geben.
Wenn treten in das Leben wir
herein.
Will sie an seinen Schwellen
uns begrüßen,
Und mit des Wortes Schätzen,
klar und rein,
Uns manchen ernsten, sauren
Gang versüßen.
Sie folget immer Schritt für
Schritt uns nach,
Daß sie in ihren Armen uns
bewahre,
Aus geistgem Schlafe rufet sie
uns wach,
Und segnet uns noch auf der
Todtenbahre.
So will sie sich als treue
Mutter zeigen,
Zu ihrem Schloß uns gern das
Haupt zu neigen.
1795 – 1875
Wer rühmt sie nicht, die
edlen, theuren Namen,
Die uns der Dichtkunst
Heiligthum erschlossen,
Drin duftend uns die farbgen
Blumen sprossen,
Die wir zum reichen Erbtheil
überkamen?
Wer preist sie nicht, die
einst des Wortes Samen
In hochgesalbten Liedern
ausgegossen,
Die wir im Schooß der Kirche
still genossen,
Ein edler Schatz in
goldverbrämten Rahmen?
Sollt’ ich sie nennen, die
vordem die Saiten
Zu süßen Klängen an Altären
rührten,
Nicht wüßt’ ich zu beginnen,
nicht zu enden.
Sie treten vor den Blick aus
allen Zeiten,
Die hoch des Liedes heilge
Flammen schürten
Mit reinen, frommen,
gottgeweihten Händen.
1795 – 1875
Ein Schifflein schaukelt sich
auf grünen Wellen,
Bald hin, bald her, taucht auf
und tauchet nieder,
Hebt sich empor, und senkt zur
Fluth sich wieder,
Wie auf und ab die Wasserwogen
schwellen.
Jetzt dürfen sich die Wolken
sonnig hellen,
Dann breiten sie ihr
rabenschwarz Gefieder,
Nun klingt die Woge helle
Silberlieder,
Dann will sie wie in lauten
Stürmen gellen.
Das Schifflein ist des
Menschen eignes Leben,
Das schaukelt sich auf
wechselvollen Wogen,
Nun spielend, scherzend, dann
wie kühn verwegen.
Und drinnen sitzen wir mit
Lust und Beben,
Bald still, bald laut, bis
sind wir hingezogen,
Wo wir die Ruder aus der Hand
uns legen.
1795 – 1875
Es weiß nicht Jeder einen
Freund zu finden,
Dem in des Lebens
gramumwölkten Tagen
Auisgießen möcht’ er seine
stillen Plagen,
Die ihm das Herz mit schweren
Fesseln binden.
Kann er den Schmerz nun selbst
nicht überwinden,
Noch einem Freunde
stillvertraut ihn klagen,
Wem soll er dann ihn zu
entdecken wagen,
Daß seine Sorgen von der Brust
ihm schwinden?
Es lebt ein Freund dort in dem
Himmel oben,
Der Ohren hat, das schwere
Leid zu hören,
Davon die Lippen jammernd
überfließen.
Vor ihm, der lebt, wenn auch
dem Blick enthoben
Der Seinen, die zu eigen ihm
gehören,
Laß deinen Mund in Klagen sich
ausgießen.
1795 – 1875
Es schläft der Freund, der
beste, der zu eigen
Sich uns gegeben, in des
Sturmes Sausen,
Und während rings die Wogen
zürnend brausen,
Hüllt er, der Helfer, sich in
tiefes Schweigen.
Wer weckt ihn auf, herab sich
uns zu neigen,
Den Sturm zu stillen, den
empörten, grausen,
Die Wasserwogen, die gleich
Wettern hausen,
Wer ruft ihn wach, als Retter
sich zu zeigen?
Der thuts, der flehend seine
Hände faltet,
Der brünstig ruft: Herr, hilf
uns, wir verderben!
Und läßt ihn nicht, bis er den
Sturm beschworen.
Und wenn sein Arm des Windes
Grimm zerspaltet,
Die Wogen schlägt, wie Stein
zerschlägt die Scherben,
Wirds still um uns, und wir
sind unverloren.
1795 – 1875
Wenn Donner rollen in den
Bergesklüften,
Der Felsen Wand mit lautem
Schall erschüttern,
Dann spricht der Herr mit uns
aus den Gewittern,
Er spricht mit uns aus Wolken
schweren Lüften
Wenn laue Winde säuseln auf
den Triften,
Die Wolken säumen sich mit
goldnen Flittern,
Die Blätter leis im
Abendhauche zittern,
Lockt er hervor uns aus des
Schreckens Grüften.
So auch hinein ins vielbewegte
Leben,
Darin wir vorwärts hin zum
Ziele wandern,
Wolt’ Lieb und Leid zum engen
Bund er weben.
Dennimmer ists, daß er mit
zweien Stäben
Uns hütet, mit dem einen und
dem andern,
Mit Weh und Sanft, zu beugen
und zu heben.
1795 – 1875
Gleichwie die Mutter sorgt für
ihre Kleinen,
Sie hebt und trägt und wiegt
auf weichen Armen,
An ihre Brust sie drückt, sie
zu erwarmen,
Mit süßen Worten stillt ihr
bittres Weinen:
So auch der Herr neigt liebend
sich den Seinen,
Will ihres Jammers freundlich
sich erbarben,
Ein Helfer sein in Noth, ein
Trost den Armen,
Als Hort und Schild uns immer
zu erscheinen.
Und ob die Mutter könnt’ des
Kinds vergessen,
Dasd sorgend sie in ihrem
Schooß getragen,
Wird er uns nicht versäumen,
noch verlassen.
Wer hat die Größe solcher Huld
ermessen,
Das Senkblei in der Liebe
Grund gerschlagen,
Die uns erwählt, und ewig wird
umfassen?
1795 – 1875
Nur Eine Hand mag sicher stets
uns leiten,
Ein Auge nur wachsam uns immer
blicken,
Ein Herz nur fest uns liebend
an sich drücken,
Zu Schutz und Schirm selbst in
den schwersten Zeiten.
So faß die Hand, von ihr
geführt zu schreiten
Voran des Wegs, daß mag dein
Werk dir glücken,
Und willst du dich der Angst
und Noth entrücken,
Nach diesem Aug’ laß deine
Blicke gleiten.
Ob warm der Freunde Herzen für
dich schlügen,
Nicht täuschen wollten dich,
nicht je dich trügen,
Ein Herz doch nur wankt nicht
in alten Treuen.
Leg an dies Herz getrost dich
jeden morgen,
Dann bist in sichern Schirmen
du geborgen,
Wie auch des Tages Mühen sich
erneuen.
1795 – 1875
Es steht ein Spruch in heilger
Schrift geschrieben,
Der blühet gleich den Blümlein
in den Hecken,
Die sich dem Aug’ des Wandrers
leicht verstecken,
Und unbemerkt im Stillen sind
geblieben.
Und doch, wonach, von Angst
und Noth getrieben,
Zuerst wir sollten unsre Arme
strecken,
Das bange Herz mit sicherm Trost
zu decken,
Es liegt verborgen in der
Worte sieben.
Wie heißt der Spruch, den wir
uns sollten pflücken
Gleich Blumen, die zum duftgen
Kranz wir binden,
Die weichen Schläfe festlich
uns zu schmücken?
Er heißt, den wir, von
schwerem Leid betroffen,
Ums Herz uns sollten schützend
immer winden:
Wir werden stark durch
Stillesein und Hoffen.
1795 – 1875
Unstät ists Herz, wenn es in
Gott nicht ruht:
Dieß güldne Sprüchlein woll’
zu deinem Segen
Bedenken dir. mit Ernst dir
überlegen,
Daß übergeh’ es dir in Mark
und Blut.
Wonach du strebst mit
hochgehobnem Muth,
Treibt unstät dich umher auf
allen Wegen,
Und darf es sich in deine
Hände legen,
So zündet es dir immer neue
Gluth.
Nach Anderm wieder strecket
dein Verlangen
Sich sehnend aus mit tief
empfundnem Bangen;
Das Herz wogt auf, und bleibt
doch kalt und leer.
So findest du nicht Rast noch
Ruhe mehr,
Bis endlich legst du dich zu
Gottes Armen,
Darin zu süßer Stille zu
erwarmen.
1795 – 1875
So lange warst du an den Staub
gebunden
Und hobst zum Himmel nicht die
flüchtigen Blicke,
Nun schaust du trauernd auf
die Zeit zurücke,
Die wie im Traum dir ist
dahingeschwunden.
Seitdem du ihn, den besten
Freund, gefunden,
Daß er als Siegel auf dein
Herz sich drücke,
Hat sich dein Sinn gewendet,
dein Geschicke
Sich losgelöst vom Fluch
verlorner Stunden.
In seinen Armen bist du nun
geborgen,
An seinem Licht magst du die
Augen sonnen,
In seinen Schooß dir legen
Angst und Sorgen.
An ihm allein, an ihm mit Lust
zu hangen,
Bis ist die Zeit zum letzten
Rest zerronnen,
Das brennt in dir als einziges
Verlangen.
1795 – 1875
Wo grünt mein Ruhm, wo blühet
meine Ehre?
Nicht an des Lorbeers glänzend
hellem Laube;
Das leg’ als Straub ich willig
hin zum Staube,
Daß es die Zeit in ihrem Flug
verzehre.
Wo ist ein Ruhm, den mir die
Welt beschere,
Den sie nicht halb, nicht ganz
mir wieder raube?
Was ich so eben grünend noch
mir glaube,
Zerstückt sie bald mit ihrer
schneidgen Scheere.
Mein Ruhm, er blüht an hartem
Kreuzesstamme,
Daran der Herr einst blutend
ist gehangen,
Die Schuld sich sühnt in ihm,
dem heilgen Lamme.
Da sproßt mir auf, was kann
mich hoch erheben,
Die Schläfe hält mit Ehren mir
umfangen:
Versöhnung, Friede, Freude,
Licht und Leben.
1795 – 1875
Wenn kaum der Morgen graut am
Himmelsbogen,
Hörst du die Vöglein schon ihr
Lied anheben,
Dem jungen Tag zum Gruß es
darzugeben,
Der kommt herauf zu ihrer Lust
gezogen.
Es rauschen hell des Liedes
laute Wogen,
Die Wald und Auen wonnig rings
beleben,
Warum denn ist es nicht dein
eignes Streben,
Zu preisen den, der huldreich
dir gewogen?
Warum nicht willst du lauten
Munds ihn loben,
Der immer noch dir ließ herab
von oben
Die Perlen seines Gnadenthaues
fließen?
Greif in die Harfe, laß sie
hell erklingen,
Ein Loblied deinem Schöpfer
darzubringen,
Den niemals noch du hoch genug
gepriesen.
1795 – 1875
Die Himmel sinds, die Gottes
Ruhm verkünden,
Von einem Tag zum andern seine
Ehre,
In heller Flammenschrift die
alte Lehre:
Groß ist der Herr, wer will
sein’ Macht ergründen?
Er ists, der wollt’ das Licht
den Sonnen zünden,
Den Sternen, deren ungezählte
Heere
Uns leuchten hell, wohin der
Blick sich kehre,
Er ists, der wollt’ zum
goldnen Band sie winden.
Jahrtausende sind in der Zeit
verflossen,
Doch leuchten noch, die einst
er ausgegossen,
In gleichem Glanz am
Firmamente droben.
Und alle predigen und alle
sagen
Dasselbe noch bis zu den
letzten Tagen:
Groß ist der Herr, und hoch
ist er zu loben!
1795 – 1875
Wie schön ists, wenn des
Lichtes Auge wacht,
Hellglänzend in die Welt
hinaus zu schauen,
Wenn überall der blaue Himmel
lacht,
Und spannt sich über
grünbekränzte Auen;
Wie lieblich ists, wenn in dem
tiefen See
Der Himmel spiegelt sich mit
stiller Wonne,
Wenn leichte Wellen blitzen in
die Höh,
Und scherzen spielend mit dem
Licht der Sonne;
Wie reizend ists, wenn auf der
Alpen Sitz
Der Himmel senkt sich zur
Umarmung nieder,
Und hier und dort ein heller
Sonnenblitz
Von zackgen Felsen leuchtet
schimmernd wieder!
Doch schöner, als dieß Alles,
wird es sein,
Wenn schaut der Himmel dir ins
Herz hinein.
1795 – 1875
Was wir herab uns gern zur
Erde zögen,
Der Himmel ists mit seinen
süßen Wonnen,
Dran wollten wir zu jedem Tag
uns sonnen,
Drin lieblich uns zu jeder
Stunde hegen.
Doch wenn er wollt’ sich in
den Schooß uns legen,
Wir hätten mit der Erde Leid
umsponnen
Nach kurzer Frist ihn, und in
Nichts zerronnen
Wär’ uns sein Glanz auf unsern
rauhen Wegen.
Drum über uns soll seinen
goldnen Bogen
Ausspannen er, doch nicht sei,
ihn zu trüben,
Hernieder er zu unserm Staub
gezogen.
Wohl heißts: Der hat den
Himmel schon auf Erden;
Doch ob uns mag solch
schmeichelnd Wort belieben,
Der Himmel soll uns Allen erst
noch werden.
1795 – 1875
Was mir geschieht, ich bin in
Gott vergnügt;
Ob dürfen mir der Freude
Flammen brennen,
Ob will von mir die Sorge
nicht sich trennen,
Ob so, ob so, ich bin in Gott
vergnügt.
Wo ich auch bin, ich bin in
Gott vergnügt.
Ob darf ich hier mich
weichgebettet nennen,
Und dort mich wie verlassen
muß erkennen,
Ob hier, ob dort, ich bin in
Gott vergnügt.
Warum ich bin in meinem Gott
vergnügt?
Weil in mein Loos, das will er
selbst mir weben,
Getrost ich darf und fröhlich
mich ergeben.
Und bis ich muß aus diesem
Leben scheiden,
Will ich, was auf dem Weg ich
mag erleiden,
Doch immer sein in meinem Gott
vergnügt.
1795 – 1875
Der Herr, den Seinen ein
getreuer Hirte,
Er führet mich auf seines
Wortes Auen,
Die will mit seinen Gnaden er
bethauen,
Daß er an reicher Tafel mich
bewirthe.
Wenn ich vom rechten Wege mich
abirrte,
Darf ich mich seiner Leitung
nur vertrauen,
Nur sehnend hin nach seinen
Blicken schauen,
So führt er mich zurecht, der
treue Hirte.
Muß ich durch Thales
Finsternisse gehen,
Zieht er, daß ich im Dunkel
dran mich labe,
Voran mir mit dem glänzend
hellen Stabe.
Drum folg’ ich willig jedem
seiner Tritte,
Weil immer, ist nur er in
unsrer Mitte,
Wir können uns bei ihm
geborgen sehen.
1795 – 1875
Ich halte mich an Gottes
Gnadenhand,
Die immer füllet sich mit
neuem Segen,
Ihn auf den Pfad mir überreich
zu legen,
Wenn ist mein Blick ihr
flehend zugewandt.
Ich stütze mich auf Gottes
Gnadenhand,
Die strecket sich zur Hilfe
mir entgegen,
Wenn auf des Lebens harten,
rauhen Wegen
Ich wandre hin zum fernen
Heimathland.
Und wenn ich geh’ an Gottes
Gnadenhand,
Die will zum Schutz er über
mich ausbreiten,
So kann getrost ich hin zum
Ende schreiten.
Wenn dann ich bin, weg von der
Welt gehoben,
Dereinst bei ihm dort in dem
Himmel oben,
Schlingt er um mich ein ewig
Friedensband.
1795 – 1875
Grüß Gott! das ist ein Gruß
gar lieb und fein,
Und gern willkommen uns vor
andern allen;
So lange wir noch auf dem Wege
wallen,
Tönt er uns lieblich in das
Ohr hinein.
Ob hören wir ihn bei dem
Morgenschein,
Ob wieder, wenn die
Abendglocken schallen,
Zu jedem Stündlein mag er uns
gefallen,
Und immer uns der Grüße bester
sein.
Denn grüßt uns Gott, geht
leicht uns von der Hand,
Was irgendwie ist von uns zu
beschicken,
Das mag es uns zum guten Ende
glücken.
Drum geh’ der Gruß auch fort
von Land zu Land,
Soweit in Ebnen, Thälern und
auf Höhen
Die Marken unsrer deutschen
Heimath gehen.
1795 – 1875
Vergelt dirs Gott! dies kurze
Wörtchen bringt
Des Herzens warmen Dank dir
laut entgegnen,
Wenn hier und dort auf deinen
Lebenswegen
Was Gutes dir zu Andrer Wohl
gelingt.
Und wie es lieblich dir zu
Ohren klingt,
So steigts empor, von wo herab
der Segen
Sich gießet gleich dem linden
Frühlingsregen,
Der in die Erde still
befruchtend dringt.
Vergelt dirs Gott! das lautet
doppelt süß,
Wenn dirs gelingt, ein
Wörtlein auszustreuen,
Das kann ein Herz in tiefer
Noth erfreuen.
Und wenn es dich auch ohne
Lohn hier ließ’,
So ist gewiß er in dem Himmel
oben
Für künftge Zeiten dir schon
aufgehoben.